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Andreas Haffa

Autor

BIM – Umstellung auf eine modellbasierte Arbeitsweise

Andreas Haffa

Autor
11. Januar 2024

Der Weg zu einer durchdachten, modellorientierten Arbeitsweise

„Mit dem Kopf durch die Wand funktioniert in der Regel nicht. Erst recht nicht bei modellbasierter Mengen- und Kostenermittlung und dem Ziel einer unternehmensweiten BIM-Einführung vor Augen. Digitalisierung sollte immer Chefsache und fest in der Unternehmensstrategie und -kultur verankert sein. Sie erfordert Feingefühl im Umgang mit Mitarbeitenden sowie Kommunikationsgeschick und funktioniert lediglich Step by Step. Sich Hilfe dabei zu holen, ist sinnvoll und kein Zeichen von Schwäche.“

Andreas Haffa, Leiter der Fachgruppe Mengen- und Kostenermittlung buildingSMART und Head of Development bei der SOFTTECH GmbH

BIM auf Knopfdruck ist ein Trugschluss

Eine durchgängig modellorientierte Arbeitsweise auf Basis von IFC-Modellen, die die Entwurfs- und Kalkulationsseite unmittelbar zusammenbringt, wird oft als die vielleicht beste Lösung der aktuellen Probleme entlang der Wertschöpfungskette Bau zitiert. Politiker, Verbände und Medien sprechen von einer enormen Zeitersparnis, einer optimalen Kollaboration im BIM-Team und einer Art zu arbeiten, die es möglich machen soll, höchste Projektanforderungen – auch bei einer guten bis sehr guten Auftragslage – in bestmöglicher Qualität und in einem angemessenen Zeitrahmen zu meistern. Die Hersteller verschiedener Softwareprodukte machen das modellbasierte Arbeiten insbesondere damit schmackhaft, dass sie behaupten, dass sich eine BIM-Planung ganz einfach auf Knopfdruck realisieren lassen soll. Doch so leicht ist es in der Praxis meistens doch nicht. Zumindest nicht ohne Hilfe von Profis.

Eine neue Arbeitsmethodik will gut vorbereitet sein

Wie bei vielen modernen Technologien und Trends führt eine Umstellung auf eine modellbasierte Arbeitsweise in einigen Planungsbüros oft zunächst zu viel zu hohen Erwartungen. Die Unternehmen, die Firmenchefin oder der Firmenchef voran, stürzen sich erst einmal in diese neue Arbeitsmethodik, haben allerdings lediglich Teile davon verinnerlicht und verstanden und sind nicht optimal vorbereitet. Dies führt nicht selten dazu, dass sie scheitern und frustriert wieder aufgeben. Nicht deshalb, weil BIM so komplex und schwierig ist, sondern weil sie eher zu ambitioniert an die neuen Aufgaben herangegangen sind und die Erwartungshaltung alles in allem zu hoch war.

BIM-Planung ist immer eine strategische Entscheidung

Was Planungsbüros in ihrer Anfangseuphorie öfter übersehen: Eine durchgängig modellorientierte Arbeitsweise ist ein Marathon und kein Sprint. Der Umstieg auf BIM-basiertes Planen bedarf einer intensiven sowie strukturierten Vorbereitung. Bauen mit BIM-Modellen auf Basis von offenen Formaten bedeutet, die bisherige Arbeitsweise grundlegend neu zu denken. Eine BIM-Einführung sollte daher stets als professionelles Projekt aufgesetzt werden und auf gar keinen Fall nebenher erfolgen. Und nicht nur das: Ein Unternehmen muss auch ganz genau definieren, welche Ziele mit der modellbasierten Arbeitsweise verfolgt werden sollen. Wer für was verantwortlich ist und welches Vorwissen die einzelnen Mitarbeitenden benötigen. Es braucht Pläne, wie genau die Vorbereitungen aussehen und wer welche Aufgaben zu erledigen hat und mit wem sprechen muss.

Kurzum, BIM oder Open BIM ist zunächst eine strategische Entscheidung. Die Chefin oder der Chef braucht einen konkreten Plan, mit dem sie oder er als Vorbild vorangeht. Idealerweise gibt es im Unternehmen erfahrene Expertinnen und Experten aus dem Bereich Human Resources, die das Thema unternehmensweit unterstützen und begleiten, genauso wie ein rundum durchdachtes Kommunikationskonzept. Das kann genauso in kleineren Planungsbüros funktionieren, wenn die Geschäftsleitung mit einer klaren Vision und Strategie vorangeht und notwendige Ressourcen für diese zusätzlichen Aufgabenbereiche einräumt.

Zunächst einmal muss allen im BIM-Team klar sein, dass die Umstellung auf die Arbeit mit BIM-Modellen nicht auf Knopfdruck geht. Das Gegenteil ist der Fall. Am Anfang kann eine modellorientierte Arbeitsweise tatsächlich einen gewissen Mehraufwand mit sich bringen. Der Grund: Das Team ist zunächst gefordert, Daten und Prozesse für die Arbeit mit BIM-Modellen als Basis möglichst strukturiert aufzubereiten. Diese Zeit gilt es, einzukalkulieren und gezielt für diese Aufgaben einzuräumen. Auf diese Weise lassen sich Nervosität und Hektik bei Mitarbeitenden im Zuge der neuen Aufgaben reduzieren oder sogar gänzlich vermeiden. Hierfür benötigt ein Büro unbedingt Fachkräfte sowie IT-Systeme. Die Einführung sollte strategisch so gut vorbereitet sein, dass das Projektgeschäft davon nicht tangiert wird. Allesamt Dinge, die im Vorfeld zu erledigen sind.

Nicht zu schnell zu viel wollen. Schritt für Schritt zum BIM-Projekt

Für den Anfang empfiehlt sich ein Projekt in einer überschaubaren Größenordnung. Bei dieser Grundlagenarbeit entstehen erste Ergebnisse. Bauteilbibliotheken werden nach und nach aufgebaut und bilden eine Basis, mit der das Unternehmen schrittweise weiterarbeiten kann.

Design- und Kalkulationsteams sollten stets Hand in Hand arbeiten

Damit eine BIM-Planung funktioniert, ist es zwingend erforderlich, dass Modellierende und Kalkulierende einander vollumfänglich verstehen. Die Aufgaben des anderen verinnerlichen. Dafür ist es unausweichlich, dass sie über den Tellerrand schauen. Modellierende werden vor die Aufgabe gestellt, sich intensiver als gewohnt mit dem Kreislauf der Vorlagenbibliothek zu beschäftigen. Das bedeutet, sie wenden mehr Zeit auf, um Bibliotheken zu erstellen und entwickeln ein Bewusstsein für die Aufgaben der Kostenplanenden. Diese sind mit den Aufgaben betraut, Bauteile für die AVA zu bilden, diese mit dem Modell zu verknüpfen, Leistungsverzeichnisse zu erzeugen, Angebote einzuholen und schließlich die marktüblichen Preise für weitere Projekte in die Datenbank einzupflegen. Das ist viel Arbeit und eine Art der Arbeit, die Planende nicht unbedingt mögen. Denn die Ergebnisse müssen praktikabel für den Kalkulierenden sein. Nur dann sind sie für spätere Prozesse auch nützlich. Standardbauteile aus Katalogen verschiedener Hersteller, wie beispielsweise DBD oder sirAdos, werden dabei im Projektverlauf immer wieder um eigene, selbst ermittelte Stammdaten ergänzt. Diese Bibliotheken mit all ihren Attributen machen es möglich, Entwurfs- und Kostenplanung direkt am IFC-Modell zusammenzubringen.

Entscheidend ist außerdem, dass bereits frühzeitig eine möglichst detaillierte Kostenberechnung nach DIN 276 vorliegt. Hierfür ist eine umfangreiche Bauteilbibliothek mit detaillierter Attributierung eine wichtige Grundlage. Und diese Bauteilbibliothek muss in einem Unternehmen zunächst einmal mit den einzelnen BIM-Projekten entstehen und wachsen.

Aufgaben verschieben sich: Kommunikation als Schlüssel

Nicht zu vergessen: Bei einer BIM-Arbeitsweise verschieben sich so manche Aufgaben aus den traditionellen HOAI-Phasen und rücken weiter nach vorne. Entscheidungen, auch von Auftraggeberseite, müssen teilweise schon viel früher getroffen werden. Alles, was hier anders zu machen ist, sollte daher im Voraus klar kommuniziert und bestmöglich vorbereitet sein. Und ganz wichtig: Alle Teammitglieder sollten diese Änderungen und auch die Gründe dafür unbedingt verstanden haben, damit es funktionieren kann.

Ein besonders komplexes Projekt ist daher nicht unbedingt ratsam für den Start der BIM-basierten Mengen- und Kostenermittlung. Vielmehr ist eine überschaubare Maßnahme besser, bei der zunächst nur ein Modell für den Rohbau mit den zugehörigen Kosten erstellt wird. Der Vorteil: Es bleibt zunächst bei nur einem Leistungsverzeichnis mit einigen wenigen Bauteilen, die nach und nach Einzug in die Bauteilbibliothek des Unternehmens halten.

Individuelle Workshop-Konzepte für den Einstieg in die BIM-Planung

Sich beim Einstieg in die BIM-Welt von Expertinnen und Experten helfen zu lassen, kann den Umstieg auf die neue Arbeitsweise sehr viel einfacher gestalten. So kann das erste BIM-Projekt als individueller Workshop aufgezogen werden, der sich sowohl an der Unternehmenskultur als auch an den Ressourcen eines Planungsbüros orientiert. Das Bausoftwarehaus SOFTTECH aus Neustadt an der Weinstraße entwickelt dafür individuelle Workshop-Konzepte, bei denen Schlüsselanwender auf beiden Seiten, Modellierung und Kalkulation, gemeinsam mit den Vorgesetzten ausgewählt werden und die notwendige Erstellung von Bauteilbibliotheken schrittweise und, wann immer erforderlich, mit Hilfestellung erfolgt. Ziel ist, dass die Unternehmen das Thema vollumfänglich verstehen, auch mit allen Anstrengungen, die zu leisten sind. Sie sollen dabei aber auch erkennen, dass es funktioniert und mittel- bis langfristig wirklich eine große Arbeitserleichterung bringen kann. Entscheidend ist immer, dass alle genau wissen, was sie zu tun haben.

Technologie und Mensch arbeiten optimalerweise Hand in Hand

Mit der AVA-Software AVANTI von SOFTTECH beispielsweise ist es bei einer gut gepflegten Bauteilbibliothek sehr einfach, auf Änderungen am Modell unmittelbar zu reagieren. Hierfür ist das System mit spezifischen Regeln und Filtern ausgestattet, die die einzelnen Leistungsverzeichnisse kennen und die Anpassungen automatisiert in der Alphanumerik vornehmen. Also doch ein bisschen auf Knopfdruck, nur eben auf Basis einer gewissenhaften, oftmals intensiven Vorarbeit durch den Menschen. Und auch für Leistungsverzeichnisse gilt: Eine detaillierte Prüfung durch die Projektverantwortlichen sollte stets zusätzlich erfolgen.

Gebäudemodell und AVA im Zusammenspiel

Die IT bietet hier bestmögliche Unterstützung und kann Aufgaben beschleunigen und Synergien bilden, den Menschen aber niemals ersetzen. Ist das Leistungsverzeichnis komplett, stellt das Planungsbüro anschließend die Ausschreibungsunterlagen zusammen. Diese werden im nächsten Schritt im Rahmen des Bieterverfahrens in den Kalkulationsabteilungen der ausführenden Unternehmen bearbeitet. Für die Bereitstellung der Ausschreibungsunterlagen gibt es verschiedene Exportmethoden. Für die Übergabe empfiehlt sich eine Software, die in der Lage ist, so genannte Multi-Modell-Container einzulesen. Das 3D-Modell ist ein sehr gutes Kommunikationsmedium, das die Bauaufgabe für die Kalkulationsseite verständlicher darstellen kann. Eine Grundlage, woraus eine präzisere Angebotserstellung resultieren kann.

In den Dialog mit Fachverbänden treten

Um die Thematik von Grund auf kennenzulernen, empfiehlt sich vor einer BIM-Einführung im Planungsbüro immer zuerst der Kontakt zu den nationalen und internationalen Fachverbänden, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, die Digitalisierung entlang der Wertschöpfungskette Bau voranzutreiben. IT-Unternehmen, Hersteller von Bauteilkatalogen sowie Expertinnen und Experten aus Lehre und Forschung arbeiten in diesen Organisationen in Fachgruppen mit den unterschiedlichsten Schwerpunkten gemeinsam an den Voraussetzungen und Wegen für eine erfolgreiche Digitalisierung des gesamten Bauprozesses. In diesen Non-Profit-Organisationen werden standardisierte Austauschformate für die Zusammenarbeit am BIM-Modell definiert, Standardisierungsgrundlagen gelegt und Wissen ausgetauscht.

Das sind Aufgaben, die sich gewiss nicht von heute auf morgen bewältigen lassen. Denn für die Standardisierung gilt einmal mehr, dass wir es mit einem Marathon zu tun haben, nicht mit einem Sprint. Um bestmögliche Lösungsansätze und Workflows für die individuellen Belange der Unternehmen zu erarbeiten, nehmen die Fachgruppen dedizierte Kundenanforderungen aus der Praxis genau unter die Lupe. Ziel ist es, echte Mehrwerte für die Firmen zu schaffen, mit Standards und IT-Lösungen, die Planungsbüros aber auch Bauunternehmen die praktische Arbeit erleichtern können.

Der Aufwand lohnt sich

Ist die modellorientierte Arbeitsweise einmal fest in den Prozessen eines Planungsbüros verankert und alle wissen, was sie zu tun haben, können die Unternehmen in vielen Belangen profitieren. Je weiter die Datenbank wächst und CAD und AVA sich unmittelbar verbinden lassen, desto schneller geht die Arbeit vonstatten. Gleichzeitig kann die Qualität der Ergebnisse um ein Vielfaches gesteigert werden. Auch an dieser Stelle gibt es Parallelen zu einem Sprintrennen und einem Marathonlauf: Während Sprinten sich für gewöhnlich nur schwer erlernen lässt, zahlt sich das Training auf einen Marathon, so viel Zeit es insgesamt auch in Anspruch nehmen mag, am Ende fast immer auch aus. Diese Zeit sollten die Unternehmen für das modellbasierte Arbeiten unbedingt einplanen. Es lohnt sich.

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Andreas Haffa

Ich habe am KIT in Karlsruhe Bauingenieurwesen mit Schwerpunkt Baubetrieb studiert und meine Diplomarbeit bei der Fraport AG absolviert. Bei der SOFTTECH GmbH treibe ich seit Januar 2007 Entwicklungsprozesse voran.

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