Der Begriff BIM steht für Building Information Modeling und ist bei allen öffentlichen Bauvorhaben ein Thema oder sollte es zumindest sein. Im Hochbau ist BIM, anders als im Tiefbau, noch nicht verpflichtend, aber 2020 gab es unter anderem einen Beschluss des Bundestages, dass Digitalisierung im öffentlichen Bauwesen weiter vorangetrieben werden soll[1].
Oft sind mit BIM aufwändige 3D-Modelle von Gebäuden gemeint, die möglichst viele Informationen für deren Bau und Unterhalt enthalten. Aber entspricht das der Realität? In der Praxis handelt es sich doch meist um Bestandsbauten[2], die in der Vergangenheit und aktuell überwiegend in 2D geplant werden. BIM funktioniert jedoch auch zweidimensional, denn der Begriff beschreibt tatsächlich die Methode, digitale Gebäudeinformationen von der Planung bis zur Instandhaltung weiterzugeben, für alle verfügbar zu machen und nicht, in welcher Dimension geplant wird. Im Kreis Bad Hersfeld hat BIM bereits vor 20 Jahren Einzug gehalten, nur dass es damals keiner so nannte.
Denn 2001 wechselte Volker Borneis von einem mittelständischen Architekturbüro zur Kreisverwaltung. Er hatte Erfahrungen mit Bausoftware und wollte diese auch seinen Kolleginnen und Kollegen näherbringen. Heute nutzen zehn Mitarbeitende des Immobilienmanagements für Ausschreibung, Vergabe und Abrechnung (AVA) die Software AVANTI. Fünf von ihnen erstellen zusätzlich CAD-Planungen mit der Software SPIRIT. Volker Borneis ist gelernter Bauzeichner sowie staatlich geprüfter Bautechniker. Wie alle im Team ist er auch Allrounder, denn er verantwortet eigenständig mehrere der insgesamt 46 Schulen im Kreis. Er mag die Abwechslung in seinem Job, und dass er Gebäude über den gesamten Lebenszyklus betreuen darf.
Die Gesamtschule in Bebra benötigte 2014 eine Komplettsanierung, weil Asbest zu einem Problem geworden war. Es lagen nur Bestandspapierpläne aus den 80er Jahren vor, nichts Digitales. Deshalb hat Borneis erst einmal vor Ort die Bestandsaufnahme gemacht und dann die Pläne grundlegend neu gezeichnet – in 2D mit der CAD-Software SPIRIT. Heute kann er sich auch Bestandspläne vom A0-Scanner einlesen und als PDF hinterlegen, damals war das noch nicht möglich.
„Im Bestandsbau ist in meinen Augen 2D-Zeichnen am sinnvollsten. Wir müssen für die Bauherren nichts visualisieren. Nur in Ausnahmenfällen, wenn es um die Gelder geht, präsentieren wir die Planungen vor den Gremien. Meist heißt es, die Schule wird in einem bestimmten Kostenrahmen saniert. Um dann eine Planung in 3D abzuliefern, fehlt oft die Zeit und die Anforderungen sind nicht da“, erklärt Volker Borneis.
„Für mich ist das A und O die verlustfreie Massenübernahme von CAD zu AVA, denn es ist eine echte Zeitersparnis“, sagt Volker Borneis über die Schnittstelle zwischen Planung und Kalkulation. „So kann ich zum Beispiel Flächen für die Malerarbeiten direkt aus dem Plan ableiten und damit Positionen im entsprechenden Leistungsverzeichnis füllen. Und auch wenn ich die Zeichnungen in 2D erstellt habe, gebe ich einfach Höhen mit ein, wenn es nötig sein sollte, und habe damit auch die exakten Mengen in 3D.“
Auch mit Externen ist die Zusammenarbeit sehr einfach: „Das fängt damit an, dass wir Pläne per PDF oder DXF/DWG einlesen können, zum Beispiel von Brandschutzplanern oder Statikern. Und wir können zusätzlich über die DWG-Schnittstelle, einem unabhängigen Austauschformat, CAD-Pläne aus anderen Software-Lösungen importieren. Bei größeren Projekten nehmen wir manchmal auch Planungsleistungen von externen Büros in Anspruch.“
Wie andere Behörden auch, arbeiten die Bad Hersfelder mit einem E-Vergabe-Tool. Eine interne Vergabestelle in der Kreisverwaltung gibt die Ausschreibungen von Volker Borneis und seinem Team auf der Plattform ein und leitet eventuelle Rückfragen an die Baufachleute weiter, denn es darf kein direkter Bieterkontakt bestehen. Der Austausch von Ausschreibungen und Angeboten läuft über die aktuelle GAEB-Schnittstelle in AVANTI. Volker Borneis kann dadurch problemlos 20 und mehr Bieterangebote einlesen, miteinander vergleichen und einen Bietervorschlag auswählen. Auch Mittelwerte und Durchschnittspreise lassen sich in den Stammdaten von AVANTI abspeichern. Durch die ständige Pflege dieser Preisdatenbank stehen dann auch für künftige Bieterverfahren aktuelle Preise zur Verfügung. Darüber hinaus hat Volker Borneis mit AVANTI immer die Kosten im Blick. Er kann die projektbezogenen Kosten jederzeit aktualisieren und im Projektverlauf Abschlagszahlungen prüfen und freigeben.
„AVANTI ist Zeitersparnis pur“:
„Das Zeichnen mit SPIRIT ist schnell“:
„Aktuell stehen wir im kommunalen Gebäudemanagement enorm unter Zeitdruck. Es fließen viele Fördergelder, die aber zeitlich befristet sind. Auch die Beschaffung von Baumaterial ist derzeit sehr schwierig. Da ist es umso wichtiger, sich mit digitalen Werkzeugen Unterstützung zu holen, um effizient arbeiten zu können“, fasst Volker Borneis zusammen.
BIM funktioniert nicht sofort zu 100 %. In einigen kleineren Kommunen wird, anders als im Landkreis Bad Hersfeld, überwiegend mit externen Architekturbüros zusammengearbeitet und nur einzelne Projekte selbst geplant. Jedoch ist auch hier die digitale Planung sehr hilfreich, weil Informationen über Gebäude erfasst werden und über BIM-Schnittstellen mit Partnern ausgetauscht werden können.
[1] Quelle: Moritz Bischof, Benjamin Mombree: BIM und Digitalisierung der Bauwirtschaft – Stand und Perspektiven der gegenwärtigen staatlichen Initiativen in Deutschland. https://www.kompetenzzentrum-planen-und-bauen.digital/kos/WNetz?art=News.show&id=807 (Stand 12.10.2020)
[2] Quelle: Statista, Rubrik Bauhauptgewerbe. Struktur es Wohnungsbaus nach Neubau etc. https://de.statista.com/statistik/daten/studie/202207/umfrage/struktur-des-wohnungsbaus-nach-art-der-bauleistung-in-deutschland/( (Stand: 26.10.2021)
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