Der Deutsche Bundestag hat im März 2016 das Gesetz zur Reform des Bauvertragsrechtes und zur Änderung der kaufrechtlichen Mängelhaftung verabschiedet.
Mangels Einwendungen des Bundesrates wird das Gesetz am 01.01.2018 in Kraft treten. Hierdurch werden unter anderem auch erhebliche Änderungen im Bereich des Bauvertrags- und Architektenrechtes eintreten, da das Gesetz eine Reform des Bauvertragsrechtes vorsieht und damit der Komplexität eines Bau- und Architektenvertrages Rechnung trägt.
Durch das Gesetz wurden spezielle Regelungen für den Architekten- und Ingenieurvertrag entwickelt mit der Folge, dass ab dem 01.01.2018 für Neuverträge diese Regelungen zu beachten sind. Für vor dem 01.01.2018 geschlossene Verträge finden die Neuregelungen dagegen noch keine Anwendung. Dies gilt es zu beachten.
Im Folgenden soll ein Kurzüberblick über die Neuregelungen erfolgen, der einen Einstieg in die Materie erleichtert. Es bleibt abzuwarten, wie die Gerichte auf die zu erwartenden ersten Klagen und Prozesse reagieren werden und wie die entsprechenden gerichtlichen Entscheidungen aussehen werden.
Anwendbares Gesetz: Bürgerliches Gesetzbuch dort
Titel 9: Werkvertrag und ähnliche Verträge (§§ 631 bis 651m BGB)
Untertitel 1 Werkvertragsrecht (§§ 631 bis 650v BGB)
Kapitel 1 Allgemeine Vorschriften (§§ 631 bis 650 BGB)
Kapitel 2 Bauvertrag (§§ 650a bis 650h BGB)
Kapitel 3 Verbraucherbauvertrag (§§ 650i bis 650n BGB)
Kapitel 4 Unabdingbarkeit (§ 650o BGB)
Untertitel 2 Architekten- und Ingenieurvertrag (§§ 650p bis 650t BGB)
Untertitel 3 Bauträgervertrag (§§ 650u bis 650v BGB)
Untertitel 4 Reisevertrag (§§ 651a bis 651m BGB)
Im Folgenden sollen die wesentlichen Neuregelungen im Bereich Untertitel 2 (§§ 650p bis 650 t BGB aufzufinden) betreffend das Architekten- und Inge- nieurrecht dargestellt werden.
a) Definition des Architekten-/Ingenieurvertrages mit Leistungspflichten (§ 650p BGB)
b) Sonderkündigungsrecht nach Abschluss der sogenannten Zielfindungsphase (§ 650p Abs. 2 und 650r BGB)
c) Übernahme des Anordnungsrechtes aus dem Bauvertragsrecht und die daraus notwendige Vergütungsanpassung (§ 650q BGB)
d) Neuregelungen betreffend die Möglichkeit einer Teilabnahme (§ 650s BGB)
e) Neu verfasste Subsidiarität der Haftung des Architekten bei Mängeln am Bauwerk (§ 650t BGB)
In der Vergangenheit war der Begriff des Architektenvertrages im Gesetzeswortlaut unbekannt. Daher gab es auch keine Definition des Architekten- und Inge- nieurvertrages. Dies war vielmehr als Dienstvertrag bzw. gemischter Vertrag besonderer Natur zu bezeichnen.
Nunmehr ist in § 650p BGB eine Definition mit den vertragstypischen Pflichten eines Architekten- und Ingenieurvertrages aufgenommen worden.
Oberbegriff für Planungs- und Überwachungsziele dürfte hier der Begriff „Leistungsziele“ sein. Diese sind in klarem Zusammenhang zu § 650p in Verbindung mit § 650r BGB zu sehen. Ansatz für die Leistungsziele sind damit die Regelungen der Zielfindungsphase. Welche Leistungen im Rahmen der Zielfindungsphase zu erbringen sind, ist festgelegt. Über die Zielfindungsphase hinaus verpflichtet sich der Architekten- bzw. Ingenieurvertrag nur zu den nach dem jeweiligen Stand der Planung und Ausführung des Objektes erforderlichen Leistungen.
Mit der Neuregelung des § 650r BGB wollte der Gesetzgeber die immer wieder auftretende Problematik der Abgrenzung von dem Architekten nicht zu vergütender Akquisition zu einer bereits erbrachten Vertragsleistung bzw. dem Abschluss eines Vertrages in der Anfangsphase lösen. Es geht dem Grunde nach in dieser Regelung um eine Abgrenzung zwischen Akquisition und vergütungspflichtiger Leistung.
Ziel der Vorschrift ist es, den Verbraucher vor Rechtsfolgen eines häufig übereilt abgeschlossenen Architektenvertrages zu schützen, der beispielsweise oftmals alle 9 Leistungsphasen der HOAI beinhaltete. Die Neuregelung beinhaltet dem Grunde nach eine zweistufige und damit gestaffelte Vorgehensweise, die jedoch nicht mit der in der Vergangenheit bereits bekannten stufenweisen Beauftragung zu verwechseln ist (bitte beachten).
1. Stufe: Diese betrifft die sogenannte Zielfindungs- phase (§ 650p BGB).
2. Stufe: Diese beinhaltet den eigentlichen Vertrag/vertragliche Stufe, die dann beginnt, sobald das (ebenfalls neue Sonderkündigungsrecht) erloschen ist.
In der Zukunft fraglich und problematisch wird sein, ob man einen Anspruch auf Abrechnung eines Honorars für die Zielfindungsphase aus der Vorschrift wird ableiten können. Zu vermuten ist hier, dass es weiterhin zu einer Abgrenzungsproblematik zwischen einer der Zielfindungsphase vorgelagerten (etwaig der Akquisition vergleichbaren Tätigkeit) und der eigentlichen Zielfindungsphase kommen wird. Insoweit wird von entscheidender Bedeutung sein, wie und wann der Beginn und das Ende der Zielfindungsphase definiert werden wird. Hier bleibt die Rechtsprechung mit Spannung zu erwarten. Wenn hier keine klaren Abgrenzungskriterien geschaffen werden, hat man durch die Neuregelung der Zielfindungsphase nämlich keine Problemlösung geschaffen, sondern die Abgrenzung zwischen Akquisition und vergütungspflichtigem Auftrag nur um eine weitere „Abgrenzungsnuance“ nach vorne verlagert.
Achtung: Sonderkündigungsrecht:
Von wesentlicher Bedeutung ist nunmehr das sogenannte Sonderkündigungsrecht des Auftraggebers/Bestellers binnen 2 Wochen nach Vorlage der Unterlagen des Architekten im Bereich der Zielfindungsphase.
Ein Verbraucher muss auf das Kündigungsrecht in Textform hingewiesen werden. Ein besonderer Grund ist für die Kündigung nicht notwendig. Die Kündigung bedarf jedoch der Schriftform.
Welche weiteren Faktoren Sie berücksichtigen müssen, erfahren Sie im folgenden Abschnitt.
Zu beachten ist Folgendes:
Es ist davon auszugehen, dass bei fehlendem Hinweis auf das Sonderkündigungsrecht (in Textform) über die 2-Wochen-Frist hinaus eine Kündigungsmöglichkeit für den Verbraucher besteht, vergleichbar der Widerrufsrechtsprechung.
Es ist darüber hinaus davon auszugehen, dass die Kündigungsmöglichkeit auch über die 2-Wochen-Frist hinausgeht, wenn nicht alle erforderlichen Unterlagen am Ende der Zielfindungsphase durch den Architekten und Ingenieur vorgelegt worden sind.
Welche Rechtsfolgen schließen sich im Fall der Kündigung an?
Die konkreten Rechtsfolgen nach der Kündigung scheinen noch unklar:
Klar dürfte sein, dass das dem Architekten bis zur Kündigung für die (in der Zielfindungsphase) erbrachten Leistungen zustehende Honorar zu zahlen ist. Soweit es sich hierbei um Leistungen handelt die den Leistungsphasen 1 – 3 HOAI zuzuordnen sind, dürfte die HOAI maßgeblich sein. Kommt es dagegen nicht so weit, wäre im Zweifel eine „übliche Vergütung“ in Ansatz zu bringen – z. B. für Bestandsaufnahme oder Mitwirkung bei einer Bedarfsplanung. Insoweit dürfte zukünftig streitig werden, ob eine vollständige Kostenschätzung nach DIN 276 notwendig ist oder ob eine reine Kosteneinschätzung genügt. Anzuraten ist den Architekten auf alle Fälle, dass der Kunde insbesondere und ausdrücklich darauf verwiesen wird, dass auch die Tätigkeiten in der Zielfindungsphase vergütungspflichtig sind/sein können.
Ausführungen zu den Teilen c, d und e erhalten Sie im zweiten Teil des Blog-Artikels.
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